Claudius Gros - Mageia, das Buch der Farben. Der Fantasy Roman der Gefühle.


Der Fluss

Seinen Ursprung nahm er als lebensfroher Gebirgsfluss, der sich übermütig schäumend aus den grauen Gipfeln heraus in die Ebene des Nordens ergoss. Auch anschließend brauchte er nur wenige Tage, sein eiskaltes Wasser durch die flachen Hügel hindurch bis vor die Mauern von Thinis zu tragen. Südlich der Königsstadt wurde es jedoch flacher und der Trident träge. Denn wer brauchte nicht bisweilen ein wenig Zeit, sich von den eigenen Eskapaden auszuruhen? In Legash angekommen, war der Trident dann bereit, seine beiden Kinder aufzunehmen. Die ruhige Tochter, die aus dem Westen herangeflossen kam, und den ungezähmten Sohn, der aus dem Osten auf den mächtigen Strom zu brauste. Vereint trieben sie von da an den erhabenen Bergen des Südens entgegen.


Niemand würde den Trident aber vom Ufer aus warnen, diesen Lauf zu nehmen.

Wohin des Weges–, hätte man rufen sollen, –majestätischer Fluss? Wie sollte es dir gelingen, die Berge hinaufzufließen, wenn selbst der mächtigen Sonne der Zutritt zu den tiefen Klüften versperrt ist?

Ohne sich beirren zu lassen, steuerte der Trident direkt auf einen engen Einschnitt zu, der sich zwischen den Bergen der Heimat im Osten und den Nebelbergen im Westen öffnete – um hier kraftvoll durchzubrechen und anschließend als frisches Nass ausgelassen durch die Hügel des südlichen Vorgebirges zu rauschen.


Erlebnisse genug für ein gestandenes Gewässer, hätte man meinen können, welches sich nun einen geruhsamen Auslauf in den Weiten des Ozeans verdient habe. Vor dem Strom lag jedoch noch die Tafelebene, die zum Meer hin zwar nur leicht, dafür aber beständig anstieg. Eine letzte Herausforderung für den Trident, sich hier eine Schlucht zu graben.



(…)